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Innen/außen

Fabian Hofmann, 2012

Aufsatz
veröffentlicht in: Heil, Christine; Kolb, Gila; Meyer, Torsten (Hg.): shift. Kunst Pädagogik Partizipation Buch 01. München: kopaed, 2012.

Räumliche Angabe im Verhältnis zu einem begrenzten Bereich, sowohl dreidimensional (in einer Kiste, außerhalb eines Gebäudes…) als auch zweidimensional (in der Fußgängerzone, außerhalb des Zeichenpapiers…), in unterschiedlichen Größenordnungen (in der Hosentasche, außerhalb Deutschlands…). Übertragen auch auf nicht-räumliche Angelegenheiten, so auch in der Kunstpädagogik: Man kann in der Schule arbeiten oder außerschulisch (was für ein riesiger Bereich!), in der Jugendkultur drin sein oder draußen (welche Kinder- und Erwachsenenkulturen gibt es überhaupt?), man kann in bestimmten Zirkeln, Kreisen, Netzen etc. drin sein oder draußen (allein sie zu finden und zu nennen wäre eine heikle Arbeit!).

Bereits angedeutet ist damit, dass „innen“ und „außen“ mit unterschiedlichen Wertungen verbunden sind. Während „innen“ offenbar als beschützt (das Museum?) und behaglich (oh ja, die Schule!) bewertet wird, wird „außen“ zwar mit Freiheit, jedoch vor allem mit Kälte und Gefahr verbunden. Lediglich Freaks (Naturschützer, Sportler, Jäger… Künstler?) scheinen einen Drang nach draußen zu verspüren. Die unterschiedliche Wertigkeit hat sich auch so weit verselbständigt, dass modisch davon gesprochen wird, dass etwas „in“ ist (Projektmethode! Kompetenzorientierung!) oder „out“ (Zeichnen zum Beispiel). Und mancher Outsider sieht sich dann wieder als Avantgardist, indem er sich dem sicheren Bereich absichtlich entzieht.

Womit nun die Ein- und Ausschlussmechanismen in den Blick rücken. Oft kontrollieren Personen oder Gruppen, ob man innen stehen („in“ sein?) oder außen stehen muss (darf?). Im Regelfall wird von innen entschieden (akademische Zirkel sind darin besonders effektiv), und nur über den eigenen Raum (nur in wenigen Ausnahmefällen wird entschieden, dass jemand in einen Raum hinein darf, in dem der Entscheidende selbst nicht drin ist. Das ist vor allem dann der Fall, wenn dieser andere Raum gar nicht so behaglich ist, beispielsweise ein Gefängnis oder eine psychiatrische Klinik. ) Wer außen ist, dem bleibt immerhin die Möglichkeit, sich als Avantgardist zu fühlen, womöglich dann selbst einen neuen, vielleicht sogar attraktiveren Raum (Institution, Kongress, Theorie…) zu schaffen und zu entscheiden, wer da rein darf. Wer im alten Raum ist, blickt dann nach außen und sieht ein anderes Innen, aus dem er draußen ist.

So wird deutlich, dass die Position „innen“ oder „außen“ auch die Sichtweise bestimmt. Der Blick von drinnen kann auf die Innenseite der Außenhaut begrenzt sein, und man ahnt gar nicht, was außen vor sich geht. Genau so verhält es sich mit dem Blick von außen nach innen, der oft lediglich die Oberfläche trifft (und jeweils nur eine Oberfläche, eine Schule, ein Museum, eine Volkshochschule, eine Jugendkultur…).

Gesund bleibt, wer innen wohnt und viel raus geht. Unseren Kindern empfehlen wir den Auslandsaufenthalt, um die Fremde zu sehen und selbst auf Zeit mal fremd zu werden. Gastfreundschaft, bei der man Menschen herein bittet , ohne andere auszuschließen, war schon immer eine Tugend. Und dass der Blick auf ein Interieur genau so bereichernd sein kann wie auf ein Landschaftsgemälde, das wissen wir Kunstpädagogen sowieso.